Interessante Untersuchung: Nickel verursacht im Mund selten Allergien

Nickel in Uhren, Ketten, Ohrringen oder Piercings kann unangenehme Ekzeme hervorrufen: Die Haut rötet sich und beginnt zu jucken. Es bilden sich nässende Bläschen oder Quaddeln, die schließlich abschuppen. Etwa 15 bis 20 Prozent der deutschen Frauen und fünf Prozent der deutschen Männer reagieren allergisch auf Nickel allergisch. Damit gilt das Metall als häufigste Ursache für Kontaktallergien. Nicht im Mund. Dort zeigt sich die Schleimhaut gegenüber dem Metall erstaunlich tolerant.

Aus einer Pressemeldung der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn:

Nickel löst bei Kontakt mit der Haut häufig entzündliche Reaktionen aus. Doch wie ist das eigentlich im Mund? Zum Beispiel sind in Legierungen für Zahnspangen Bestandteile von Nickel enthalten. Hierzu wurde am Universitätsklinikum Bonn eine Studie vorgenommen, die interessante Erkenntnisse liefert. Wer eine Zahnspange trägt, kann sich möglichweise freuen: Eventuell sorgt diese nicht nur für ein makelloses Gebiss, sondern vermindert gleichzeitig das Risiko einer Nickelallergie.

Nickel in der Zahnspange

Auch Zahnspangen enthalten Nickel. Durch korrosive Prozesse können aus ihnen Nickelionen freigesetzt werden. Die Schleimhaut der Mundhöhle scheint damit meist vergleichsweise problemlos klar zu kommen. „Bei kieferorthopädischen Behandlungen im Mundraum beobachten wir so gut wie nie Entzündungsreaktionen oder Ekzeme“, erklärt Dr. Lina Gölz, Oberärztin und Habilitandin der Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Bonn. Als Grund vermuteten viele Wissenschaftler bislang, dass im Mundraum andere Typen von Immunzellen arbeiten. Diese würden auf das Metall weniger aggressiv reagieren als ihre Pendants in der Haut. „Wir konnten nun erstmals zeigen, dass sich die lokalen Gewebszellen der Schleimhaut selbst anders verhalten als die der äußeren Haut“, erklärt Dr. Gölz.

Signal für die Bekämpfung von Allergien?

Eine Schlüsselkomponente der frühen Immunabwehr sind die dendritischen Zellen. Es war bekannt, dass die dendritischen Zellen der Mundschleimhaut toleranter sind als die der Haut. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Mundschleimhaut ein Mikromilieu schafft, das diese tolerogenen Eigenschaften der oralen dendritischen Zellen begünstigen könnte“, erläutert Dr. Gölz. Eventuell lassen sich neue molekulare Mechanismen identifizieren, die sich zur Bekämpfung von Allergien nutzen lassen. So unterziehen sich beispielsweise Pollen-Allergiker oft einer langwierigen Immuntherapie. Dazu wird ihnen das Allergen in regelmäßigen Abständen unter die Haut gespritzt. Die körpereigene Abwehr soll sich so an die Pollen gewöhnen. Experten sprechen von Hyposensibilisierung. Als Alternative setzen die Ärzte seit knapp zwei Jahrzehnten immer häufiger auf die sublinguale Immuntherapie (SLIT). Bei dieser Form der Hyposensibilisierung tropft sich der Patient das Allergen unter die Zunge. Studien bescheinigen dieser Methode gute Erfolge.

Nickelallergie mit Zahnspange therapieren?

Interessanterweise scheint auch eine kieferorthopädische Behandlung – etwa mit einer festen Zahnspange – die Entstehung einer Nickelallergie zu verhindern. Dieser „protektive Effekt“ war vor allem bei Menschen zu beobachten, die sich erstmals ein Piercing setzen ließen, nachdem sie sich einer kieferorthopädischen Behandlung unterzogen hatten. „Schon die geringen Nickelmengen, die von den Spangen konstant in den Mundraum abgegeben werden, scheinen das Immunsystem zu desensibilisieren“, erklärt Dr. Gölz. „Eine Zahnspange wirkt somit gewissermaßen wie eine sublinguale Immuntherapie.“

Die Studie erscheint im „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ unter dem Titel: „Differences in human gingival and dermal fibroblasts may contribute to oral-induced tolerance against nickel“. Online ist sie bereits abrufbar.

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Dr. Lina Gölz von der Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Bonn fand heraus, dass Zahnspangen kaum Allergien auslösen, obwohl sie das Kontaktallergen Nickel enthalten. © Foto: Volker Lannert/Uni Bonn